Archivalien aus dem Ortsarchiv präsentierte der Förderverein Salzstetter Schlössle am Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 09. September 2018 ab 11 Uhr. Im ältesten Gebäude der Gemeinde Waldachtal wurden interessante Dokumente von anno dazumal ausgestellt.
Die Schätze des Ortsarchivs wollten entdeckt werden. Dazu wurde das Trauzimmer im Denkmal geschützten Gebäude zur Mini-Expo umfunktioniert. „Die Exponate waren insbesondere bei unseren Senioren sehr gefragt.“, erklärte Förderverein-Vorsitzender Eberhard Armbruster.
Ute Ströbele, die studierte Historikerin aus Tübingen und Mitarbeiterin des Kreisarchivs Freudenstadt, stellte die knapp 20 Exponate für die Ausstellung in Zusammenarbeit mit Ortsvorsteher Wolfgang Fahrner zusammen. Ströbele hat schon mit dem früheren Salzstetter Ortsarchivar Jürgen Erath (1954-2013) zusammengearbeitet.
Das Juwel unter den Archivalien war die Pergament-Urkunde aus dem Jahre 1530. Einen Streit um einen Zehnt der Salzstetter Kirche legte Ritter Rudolf von Ehingen zusammen mit dem Abt von Hirsau in einer Urkunde bei. Dies ist die älteste erhaltene Urkunde des Ortsarchivs Salzstetten vom 29. September 1530 mit einem angehängten Siegel des Hirsauer Abtes. Das Siegel des Ritters hat sich leider nicht erhalten. Das seinerzeitige Rechtsgeschäft ist auf Pergament, also Tierhaut, festgehalten.
Gern schauten sich die Besucher auch das interessante Kontrollbuch der Nachtwächter von Salzstetten an, welches von Historikerin Ute Ströbele als „Rarität“ bezeichnet wurde. Der Nachtwächter Johann Steimle musste bei seinen Rundgängen zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine sogenannte Wächter-Uhr mitführen und an bestimmten Kontrollpunkten in der Gemeinde einen Schlüssel einführen. Dies wurde auf einem Papierstreifen vermerkt, der als Beleg in das hier vorliegende Kontrollbuch eingeklebt wurde. Es diente der Überwachung und Kontrolle der Nachtwächter.
Schätze konnte man auch in einem Archiv-Buch ab den Jahren 1853 der Brandversicherung finden.
Hier konnten die Salzstetter schöne Dokumentationen und alte Zeichnungen über öffentliche Gebäude und Häuser entdecken. So belegt ein Eintrag aus dem Jahr 1855 den Grundriss und die Vermessung der Vorgänger-Kirche der heutigen St. Agatha-Kirche, die auf einen Wert von 4800 Gulden geschätzt wurde. Armbruster rechnete Ellen- und Fußlängen um in heutige Meter. So war der Kirchturm 22 Meter hoch und die alte Kirche wies eine Länge von 26 Metern und eine Breite von 13 Metern auf.
Auch die katholische Wallfahrtskirche von Heiligenbronn aus dem Jahr 1747 wurde skizziert und ist auf 9100 Gulden geschätzt worden.
„Das Ortsarchiv birgt schöne Inventuren und Teilungen, die bei Heirat oder Todesfall angefertigt wurden.“, teilte Ströbele mit. „Salzstetten ist hierin ganz gut aufgestellt.“ So konnten die Salzstetter Wissenswertes aus dem Leben ihrer Vorfahren und über deren Gebäude aufspüren und in alten Dokumenten blättern.
Inventuren und Teilungen machten neugierig: Akribisch aufgelistet wurde beispielsweise der Nachlass der am 15. Dezember 1800 verstorbenen Anna Maria Ruf, die fünf Kinder hatte. Das Jüngste mit fünf Jahren hieß Juditha. Ihr Mann lebte noch. Die seinerzeitige Obrigkeit wollte alles genau wissen. Ihr Haus und Hof wurde mit 390 Gulden bewertet. Darüber hinaus verfügte sie über Acker-, Wiesen- und Krautfelder. Auf ein Pferd und eine Kuh wurde der Viehbestand und auf eine Gans und zwei Hühner der Geflügelbestand beziffert. Die Aufzeichnungen boten auch Einblick in den Haushalt, wie das Küchengeschirr und die Möbel. Zum Nachlass der verstorbenen Mutter zählten drei Röcke in den Farben grün, blau und schwarz.
Wer hier noch die Sütterlinschrift lesen konnte, war im Vorteil.
Auffällig war auch die Vielzahl der ausgeübten Berufe: Näherinnen, Schmiede, Gipser, Schneider aber auch Musiker waren vertreten. Lohnend war auch das Studium alter Wald- und Flurkarten aus den Jahren 1939 bis 1948. Fotoalben mit schwarz-weiß Fotos gaben Einblicke in die Blütezeit des Theaterspielens im großen Gemeindesaal, als ab den 1950er Jahren Vereine mit ihren Vorstellungen berühmter Theaterstücke wie beispielsweise Carmen, den Saal aus den Nähten platzen ließ.
Rosa Spohn erkannte sich auf den Bildern des Theaterstückes „Rosa von Tannenburg“ unter der Ära von Schulleiter Leopold Alber wieder. „Ich war die Stiefmutter und mein Vater Johannes Saier war der Wirt. Wir sollten die „drei Engel“ spielen, waren aber eher die drei Bengel.“, erzählte die 89-jährige Salzstetterin. Die 85-jährige Antonie „Toni“ Krauss und die 84-jährige Antonie „Toni" Schelwat rätselten über die Zuordnung der Kindergesichter: Das Fotoalbum ließ das Kinderfest 1937 des Musikvereins lebendig werden, als unter der Ägide von Oberlehrer Anton Plappert ein Kinderumzug arrangiert worden ist.
Das Schlössle war zum Tag des offenen Denkmals von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Es wurden Führungen nach Bedarf angeboten. Zum Frühschoppen gab es Weißwürste und zum Mittagessen die traditionellen Schweinshaxen und Rote Würste sowie nachmittags Kaffee und selbstgebackenen Kuchen. Siegfried Dettling sorgte von 11 bis 13 Uhr für musikalische Unterhaltung.
Wie sagte schon Wilhelm von Humboldt: „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft.“ Oder frei nach André Malraux: „Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern.“
(Beitrag aus dem Dettling-Magazin 2018 von Walter Maier 2018)